Biographie

Ein sinnvolles und sinnenfreudiges Eingehen auf die Bilderwelt von Roger "Biba" Jost setzt voraus, dass man ihm zugesteht, dass sein Kunstverständnis kompromißlos subjektiv ist. Das ist eine der Folgen davon, dass sein Leben und seine Malerei völlig ineinander aufgegangen sind, wenn sie nicht schon immer von vornherein eine Art libidinöse Zwillinge waren. Klar war dadurch aber auch zwar potentiell frustrierend, eine äußerst kritische Distanz quasi als Sachzwang vorprogrammiert. Nicht nur wegen des radikalen Paradigmen- wechsels bei ihm, hier Traum, Natur, organisches Gehirnnomadentum, halluzinogenes Drogendeliriumsstrandgut (Jünger, Michaux, Hans Heinz Ewers), dort in der hellen Kunst- weit, in ihrer oft selbstreferentiellen Nabelschau eher der Zeitgeist, die gesellschaftliche Auseinandersetzung, bzw. deren geschickte Simulierung.


Biba, dieser "Bohemien out of time", der sich nie scheute, unreflektierte Anleihen beim Comic als solchem, beim verrufenen Jugendstil (ob Warhols Zuhause in N.Y. ihm selbst nicht wohl besser gefiel als seine eigenen Bilder) zu machen, hofiert seiltänzerisch den Kitsch. Er erinnert einen auch äußerlich oft an den jungen Erte (Romain Tarzieff) diese alte Schwuchtel, der das rein dekorative seiner Vogue & Vanguard elfenhaften Barbie-Puppen der zwanziger Jahre nicht nur nicht im Sinne der klugscheißerischen Avant-Garde verpönte, sondern es geradezu zum Selbstzweck machte. Der androgyne David Bowie der 70iger Jahre war ein anderer Gesinnungsgenosse. Das ist Biba's Reich.


Durch die Nonchalance mit der Biba all die Jahre über seinen Nachtschattengeschöpfen malerisch Leben einhauchte, den immer wieder erneuerten Versuch, sein früheres Leben als ausgeflippter Tramp, das an sich schon abenteuerlich genug war, nostalgisch zu verklären, indem er es noch bewusster/unbewusster in neue Räume hinein weiterträumte, scherte er sich nie weiter darum, ob oder ob nicht das denn nun Kunst wäre.


Neben vielen solidarischen Freunden, ist ihm auch eine gewisse Klientel treugeblieben, die sich zurückfindet in dieser trotzigen Haltung einer Malerei, völlig autodidaktisch und doch gekonnt (wie sagte schon Nietzsche: "Kunst kommt von Können ...Wollen = Wunst"), die sich nicht gleich deshalb als Banausentum oder geistigem Kalibantentum apostrophiert sehen muss, weil einer das malt, was ihm zuallererst einmal subjektiv gefällt. Auch bei Kritzeleien in gedankenlosen Zuständen malt jeder doch eher eine Art Gehirnräume.


Aber Biba's größte Sünde ist es scheinbar, dass diese Malerei ihm auch noch Spaß macht. Er wäre nicht erst jetzt zum "enfant maudit" geworden, wo die Diktatur der Kuratoren nur noch konzeptuelle, intellektoide Kunst als solche gelten lassen will und sogar die klassische Moderne als bloßes Malerhandwerk abtun möchte. Natürlich ist Biba's Malerei nicht städtisch, auch nicht surrealistisch, seine Irrationalität ist eher eine märchenhafte, imaginäre vor der Spaltung, nicht die Mechanik des selbstständigen, unabhängigen Unterbewußtseins wie eher beim Surrealismus.


Deshalb wird auch von hier aus keine Auseinandersetzung mit der Gesellschaft gesucht (außer manch ironischen Zwischentönen, dann aber bewußt plakativ). Nein, rotzfrech wird alles was anscheinend über, unter, zwischen oder hinter den Bildern als tiefer Sinn versteckt ist, durch ein "L'art pour I'art" weggefegt, das sich aber gerade deshalb, weil es nicht verbrämt kaschiert daherkommt, als solches aufhebt. Andere werden durch eine gewisse obskure Beziehung zur Natur, die in Biba's Malerei durchschimmert oder durchschimmelt, von dieser magisch angezogen.


Vielleicht zeitigt gerade diese Haltung zur GAYA -Urmutter-, auch als Nebeneffekt ein mehr authentisches und effizientes Besorgnis um die Erhaltung der Natur, als grünes, nostalgisches Betroffenheitsgetümmel, regressives braunes Mythengeraune, oder manch andere Art dieser Beziehung. Hier provoziert eine spannungsgeladene Polarität vom vegetativ-sexuellem des Gehirns und vom organisch wuchernden der Pflanzen eine geheime Anziehungskraft.


Letztlichst sei noch der wichtigste Gesinnungsgenosse als Beweis dafür zitiert, dass seine Art der Malerei einen Platz in diesem Jahrtausend verdient. Das Spätwerk von Francis Picabia, mit Marcel Duchamps ohne jeden Zweifel der größte und radikalste Künstler des 20igsten Jahrhunderts, ist Biba's Werk bei weitem nicht unähnlich. Und so wie das Schweigen Duchamps den großen privatmythologischen Scharlaman (Scharlatan/Schaman) Beuys frustriert hat, so soll Biba's Werk Stechapfelsamen des Zweifels säen, in die die verhirnten Köpfe der Besserwisser.